Gravity’s Rainbow / 万有引力之虹
Herzliche Einladung zur Ausstellung von Nie Shiwei 聂世伟 und Wang Lei 王垒 in der Loft 8 Galerie!
Eine Ausstellung von Blue Mountain Contemporary Art
Eröffnung: 8.3.2024, 18 Uhr
*English Version below*
Für die Ausstellung von Nie Shiwei und Wang Lei wurde der Titel von Thomas Pynchons Roman Gravity’s Rainbow (1973, Viking Press, USA) entlehnt. Protagonisten dieser fünften durch die BMCA Collection in der Loft 8 Galerie Wien ausgerichteten Ausstellung sind zwei Künstler, deren beider Lebensmittelpunkt Beijing ist. Deren Werke beinhalten genau jene dichte Energie und Unverhinderbarkeit, wie sie in der einzigartigen Stadt zu verorten ist. Beijing stellt seit dem Beginn der zeitgenössischen Kunstszene Chinas Anfang der 1990er Jahre wahrscheinlich immer noch deren kulturelles Zentrum dar, obgleich regelmäßige Umbrüche, Bebauungspläne und die Regierungsnähe die Arbeit sowie damit verbundene Projekte verkomplizieren und jedem einzelnen Energie und Willen abverlangen.
Pynchons Bücher spannen einen breiten Bogen über verschiedene zeitliche Ebenen sowie Kontinente. Deren Thema kann ganz allgemein als der Zwang beschrieben werden, Zusammenhänge herzustellen, und die damit verbundene Gefahr der Paranoia. Genauso wachsam wie der Autor seine Argumente sammelt und seinen Lesern Weitblick eröffnet, wird von zeitgenössischen Künstlern erwartet, dass ihre Arbeit dem Betrachter neue Horizonte und eine davor nicht da gewesene Sichtweise eröffnen.
Die Bilder von Nie Shiwei, sowie seine seit den letzten Jahren entstandenen Keramikarbeiten tun das auf ganz besondere Weise und in völlig anderer Prägung als die parallel angestrebte Realität in Wang Lei’s surrealen Objekten und Installationen.
Nie Shiwei findet den Ausgangspunkt seiner Ästhetik nicht selten in der Malerei des italienischen Barock. Seine Bilder basieren auf der räumlichen und dynamischen Anordnung des menschlichen Körpers, der in eine ganz spezielle Farbigkeit gebettet wird. Während er seine Figuren in ein merkwürdiges Spannungsverhältnis bringt, geht aus deren Form nie hervor, ob sie sich in Bewegung befinden oder diese zu einer angespannten Haltung eingefroren wurde. Beides, sowie die Interpretation der Körper, als auch die Kolorierungen zeichnen seine Malerei aus und unterscheiden diese vom Werk anderer chinesischer Zeitgenossen.
So wie Nie Shiweis Körper unentschlüsselbar sind haben sich Pynchons Bücher immer im Dunstkreis des Geheimnisses bewegt, eines Geheimnisses, von dem es unausgemacht blieb, ob ihm eigentlich ein entschleierbarer Sachverhalt korrespondiert.
Bei Wang Lei sind es Formen und Architekturen, die der 1988 geborene Künstler aus dem üblichem Zusammenhang nimmt und durch leichte Veränderung deren Charakters oder deren Äußerlichkeit zu Objekten der Begierde verwandelt. So wie aus Keramik geformte Kapseln der Mohnblumen, in Bronze gegossen eine goldene Patina erhalten, werden Formen gewöhnlicher Fabriksgebäude zu minimalistischen Skulpturen in Beton gegossen. In keinem Fall bleibt es bei der jeweiligen Erscheinung: Ziel für den Künstler ist immer das Arrangement der Formen in einer ganz speziellen räumlichen Situation. Wang Lei schafft trotz bewusst eingesetzter Ornamente Räume, denen es an persönlicher Prägung entbehrt: Seine Installationen sind leere Orte, die den Betrachter zu dessen aktiver Beteiligung nötigen, um sich deren Gefühl und Stimmung annähern zu können.
Genauso wie Pynchon spielt auch Wang Lei in seinen raumbezogenen Werken mit einem Gefühl von konzentrierten Absenz.
So wie der Ausstellungstitel als „Der Regenbogen der Schwerkraft“ (oder wie die von Elfriede Jelinek und Thomas Pilitz übersetzte deutsche Fassung „Die Enden der Parabel“) einen Bogen über vielschichtige Interpretationen und Ansichten spannt und somit ein Gleichgewicht darstellt, suggerieren die Werke von Nie Shiwei und Wang Lei trotz derer unterschiedlicher Technik und Herangehensweise eine gewisse „Stabilität“ in deren Aussage.
English
For the exhibition featuring Nie Shiwei and Wang Lei, the title was borrowed from Thomas Pynchon’s novel Gravity’s Rainbow (1973, Viking Press, USA). The protagonists of this fifth exhibition organised by the BMCA Collection at Loft 8 Galerie Vienna are two artists who both live in Beijing. Their works contain precisely the kind of dense energy and necessity that can be found in this particular city. Since the beginning of China’s contemporary art scene in the early 1990s, Beijing has probably been its cultural centre, although regular upheavals, development plans and the proximity to the government complicate the work and associated projects, demanding energy and will from each individual.
Pynchon’s books span a wide range of time periods and continents. Their theme can generally be described as the compulsion to make connections and the associated danger of paranoia. Just as vigilantly as the author gathers his arguments and offers his readers foresight, contemporary artists are expected to open up new horizons and an unprecedented perspective for the viewer.
Nie Shiwei’s paintings, as well as the ceramic works he has created in recent years, do this in a very special way and with a completely different character to the parallel reality sought in Wang Lei’s surreal objects and installations.
Nie Shiwei often finds the starting point for his aesthetic in Italian Baroque painting. His paintings are based on the spatial and dynamic arrangement of the human body, which is embedded in a very special colour scheme. While he places his figures in a strange relationship of tension, it is never clear from their form whether they are in motion or whether this has been frozen into a tense pose. Both the interpretation of the bodies and the colouring characterise his painting and distinguish it from the work of other Chinese contemporaries.
Just as Nie Shiwei’s bodies are indecipherable, Pynchon’s books have always moved in a haze of mystery, a mystery of which it remains unclear whether it actually corresponds to a decipherable fact.
In Wang Lei’s work, it is forms and architecture that the artist, born in 1988, takes out of their usual context and transforms into objects of desire by slightly changing their character or appearance. Just as clay modulated capsules of poppy seed plants are given a golden patina after being cast in bronze, the forms of ordinary factory buildings are moulded into minimalist sculptures in concrete. In no case does it remain with the respective appearance: the aim for the artist is always the arrangement of the forms in a very special spatial situation. Despite the deliberate use of ornamentation, Wang Lei creates spaces that lack personal character: his installations are empty places that require the viewer’s active participation in order to get closer to their feeling and mood.
Just like Pynchon, Wang Lei also plays with a feeling of concentrated absence in his site-specific works, associating them with a mysterious fascination.
Just as the exhibition title, reflecting a Rainbow of Gravity spans an arc across multi-layered interpretations and views and thus represents a balance, the works by Nie Shiwei and Wang Lei suggest a certain stability in their message despite their different techniques and approaches.